Am Rande des Blau

Am Rande des Blau
fließt das Wasser vorbei
es hält nicht
an
es fließt
immerzu

ob die Stadt
am Rande des Blau
nur ein Scherenschnitt ist
der die Luft
anhält

dem Wasser und dem Blau
ist es gleich

ob die Stadt
hinter ihrem Scherenschnitt
gegen das Blau
rebelliert

dem Wasser und dem Blau
ist es gleich

am Rande des Blau
fließt das Wasser vorbei
es hält nicht
an
es fließt
immerzu

ob es Tote
ins Meer
oder ein Wunder
trägt

dem Wasser und dem Blau
ist es gleich

Eine Stadtnacht (mit Make-up) Teil III

III

Wenn am
Isarufer
die Stadt

die blonde Perücke
wieder abnimmt und

gähnend
dem schmerzenden Morgen
die Stirn kühlt,

wenn der ertrunkene
Abend sanft
angespült

am Ufer
des Gestern liegt,

ist die Nacht
längst
abgeschminkt

ihre falschen Wimpern
kleben noch

auf den warmen Kissen
der Stadt

 

***

*
*
*
*

So. Teil III hiermit abgeschlossen. Wer sich traut es im ganzen zu lesen, findet hier: Teil I, Teil II – der Versuch über den Eindruck von einer Stadtnacht in München. Die Idee ist vom 13.03.20 und noch komplett virusfrei – diese Texte sind also ohne Ansteckungsgefahr…😜

Eine Stadtnacht (mit Make-up), Teil II

II
Während
am Isarufer die Stadt
lasziv

ihre Beine
übereinander schlägt und
aus Langeweile

die letzten rosa
Kaugummiwolkenblasen
platzen lässt

während
ein junger Abend
auf dem Brückengeländer
mit dem Freitod droht,

rauscht sie endlich heran:

unvergleichlich jung
und elegant rückenfrei

rauscht die Nacht
von Bar zu Bar –

die Mondsichel im Dekolleté,
nur mit ein paar knappen Stunden
bekleidet –

hinterlässt Sprüche
an den Toilettenspiegeln der Stadt,

unter ihren Absätzen
klebt der Asphalt

 

die Nacht trägt heute
falsche Wimpern

ihren Kuss drückt sie
zwischen die Beats der Stadt

unzählige brennende Lippen
löscht sie
im Rausch

und tief unter den Bässen,
weit unter den Sinnen
der Stadt

schlägt die Nacht
ihre Augen auf

beeindruckend ihr Aufschlag

beeindruckend
sternlos,

die Nacht

*
*
*
*

Die anderen beiden Teile lesen? Hier entlang: Teil I

Teil III

 

Eine Stadtnacht (mit Make-up) Teil I

 

I

lässig

lehnt sie am Isarufer,

die Stadt –

 

blinzelt

der sinkenden Sonne zu…

 

Unter ihrer  blonden Perücke

atmen die Lichter tief ein:

Deutlich zu viel Rouge

auf den hohen

Wangenknochen der Straßen;

 

trotz Kälte, am Isarufer

die Stadt nur

in Nylonstrümpfen und rotweißgestreiften

Baustellenzäunen aus Plastik –

 

der Wind streut in Böen Konfetti

aus parfümierten Gesprächen

über die Gehsteige –

 

an der Brücke

ein junger Abend

mit wirrem Haar;

 

beugt sich

ohne Geduld in den Taschen

 

weit über die Brüstung und

wartet

 

wartet

mit brennenden Lippen

 

wartet

auf den Kuss der Nacht

*

*

*

*

Hier der Versuch über eine Stadtnacht in drei Teilen – uff, da der Text leider sehr lang geworden ist, kommt er hier so nacheinander in Teilportionen…

Morgen dann Teil II..!

Teil II und Teil III

 

unwegsame Wege

Gehe mitten durch das Gestrüpp,

auch wenn es nicht gangbar scheint.

Wir sind nicht hier, um Erwartungen zu erfüllen.

Wir sind hier um Wege zu gehen, die noch nicht da sind.

Den richtigen Weg erkennst du daran,

dass dort kein Weg sein wird, wenn du ihn nicht gehst.

die drückende Last der Freiheit wird leicht,

sobald man sie schultert.

 

 

Freiheit

image

 

 

Jetzt habe ich es verstanden.

 

Unser höchstes Gut ist die Freiheit.

 

Sie steht an erster Stelle – sie zu realisieren, gilt es.

Allein aus ihrem Vorhandensein, ergibt sich die Würde des Menschen.

Die Würde des Menschen bedeutet – unter keinen Umständen in seine Freiheit einzugreifen.

Die Würde des Menschen bedeutet – die Freiheit des anderen zu ermöglichen.

die Würde des Menschen bedeutet – die eigene Freiheit in die Hand zu nehmen, ohne dabei eines Anderen Freiheit zu verhindern.

jetzt endlich, verstehe ich die Reihenfolge..! Die Freiheit kann nur an erster Stelle stehen.

Sie muss im Geist gegeben sein.

Der Einzelne kann sie sich nur selbst geben.

Im Geist ist die Freiheit absolut.

In Gemeinschaft wird sie insofern beschränkt, dass jedem die gleiche Freiheit zusteht; sie gilt bis zur Freiheit des anderen.

Im Handeln fordert sie auf zur Brüderlichkeit.

 

Keine Erkenntnis hat mich je so tief berührt und erschüttert zugleich, wie diese.

Die Freiheit ersteht oder fällt mit uns..!

Mit dem Einzelnen. Heute. Jetzt. Immer! Aus ihr kann man man gleichsam alle Gesetze bilden, in sich selbst. Als eigenen Maßstab. Ohne sie, denke ich, verlören wir das Menschsein.

Angesichts der aktuellen Debatte um die Hartz 4 Sanktionen und dem ergangenen Gerichtsbeschluss dazu, kann man das so betrachten: das Gesellschaftsorgan, das dafür eingesetzt ist, die Würde des einzelnen zu wahren, hat beschlossen – von Viel möglichem Übergriff auf weniger Übergriff zu reduzieren. Die Rechnung ist einfach. Übergriff bleibt immer Übergriff.

Wenn wir uns selbst zur Freiheit entscheiden, ist dort ein Übergriff auf eines Anderen Freiheit keine Option.

*Das Wort „frei“ kommt aus einem indogermanischen Wortstamm, der so etwas wie „nahe bei“, „das, was bei mir ist“, bedeutet hat.  Im althochdeutschen gab es das Wort frî-halsa – das war jemand, dem sein Hals selbst gehörte – der ihn nicht unter das Joch eines anderen beugen musste.

Frei ist wohl auch heute immer noch, wer sich selbst gehört und wer nahe bei sich sein kann.

Nahe bei sich sein, das ist das Schönste, was uns gegeben ist.

 

(*Quelle: Grimmsches Wörterbuch und Wikipedia)