Sommer II (2016)

sieh, Sommer
jetzt atmest du aus

durchbrach noch eben
deinen Himmel der Mohn,
die Kornblumen

umwuchs deines Zenites Herzschlag
ihr Rot,
ihr Blau

durchkämmte nicht
der aufkommende Südwind noch
das Weizengrün seidener Felder

dem kurzatmigen Grün des Weizen
nahm deine Sonne den Atem
ganz

Sag mir, Südwind, wohin?

wohin entschläft dir das Rot des Mohns

In deiner Stille weht der Tod
auch das Blau aus und
frisst sich satt am Grün

lau ist dein Trost und trocken
und leis,
Südwind
im Knistern sterbender Halme

das Reifen
kommt nicht aus
ohne des Wachstums Tod

Für M., der vor kurzem ging (version 11, 2016)

Während der Frühling
mit erröteten Wangen an die Bäume herantrat
und in die Hände spuckte

da waren es deine Augenlider
die der Herbst deines Blickes wurden,
sie wischten über ihn hinweg

nie verschüttetest du deinen Humor, du
hieltest ihn hoch bis

nur dein Lebendiges scheute plötzlich
vor dir zurück

Du aber lachtest, als deine Beine
keine Treppen mehr steigen konnten
das fandst du ungeheuer komisch

Als die Sonne
unter deinen Wimpern erlosch
stieg sie weit hinauf ins schmerzlose Blau
der Osternacht,
entzündete die honigfarbene Dämmerung
über den Dächern der Stadt,
neigte sie ihre Güte herab und striff
über deiner Kinder Blondschöpfe hinweg

sie winkten dir nachhaus