Welten falten

das Unteilbare

in dir,

drei Falten in seinem Kleid

erkennst du es?

*

Drei Welten ineinander gefaltet

kleiden

deine Individualität –

*

kleidet deine Faltung

werktätig

drei Welten

in deiner Individuation

*

oder ist deine Unteilbarkeit noch

eine geträumte,

in den blühenden Gärten der

Sehnsucht ein

*

Unteil

bar jeden Werks?

*

*

was ich gerade tue – Notizbücher umdrehen und kräftig schütteln. Fragmente und Notizen von April 2017 – wiedergefunden: die blühenden Gärten der Sehnsucht in verschiedenen Variationen

Der Natur abgelauscht

Wachse.

Bleibe niemals stehen —

mache es wie die Küchenzwiebel.

Wachse mit dem allerinnersten —

dort, wo es für alle anderen unsichtbar ist.

Wachse täglich,

nur ein unendlich kleines Stück.

Eines Tages —

mit einem weiteren winzig kleinen Schritt —

sprengst du

alle sieben alten Häute auf,

und wächst einfach darüber hinaus.

…noch ein Türchen…

Ihr Lieben!

Der hörbare Südsehen Adventskalender nimmt seinen Lauf – wie versprochen, jeden Tag öffnet ein Türchen…

An dieser Stelle muss ich etwas kleinlaut gestehen, dass ich alle Türchen auf einmal geöffnet habe und das sogar noch vor dem ersten Dezember…!🙈

aber glaubt mir, mit einem Schokoladenkalender würde das nicht passieren! ..da kann ich sehr geduldig sein und auch schon mal ein Türchen vergessen.

…also ich werde das zeitlich nicht hinbekommen euch die Türchen täglich zu verlinken, aber ab und zu mal eines, das klappt!

Heute zum Beispiel.
Heute wäre die Gelegenheit, eine Stimme zu hören, die ich sehr mag…! Ja, Der Text ist schon ein bisschen traurig…

mehr verrate ich nicht.

Außer vielleicht noch, dass ich vorhabe, den Besitzer dieser Stimme zu fragen, ob er möglicherweise mal einen von meinen Texten einsprechen würde. Da müsse ich mir allerdings was einfallen lassen, habe ich gehört – manche Schauspieler lesen nicht so gerne..

Hier geht’s zum Hörfenster –

Viel Vergnügen wünscht euch

Simone Lucia

Das Präfix-Spiel/ oder: coronare Schnürung der Wirklichkeit 

 

kleine Abschnürungen

tropfen 

geruchlos

ins Wirkungsleere

 

Die Schnürung 

der Wirklichkeit

hat längst 

begonnen

 

Als erstes

schnüren wir

den Gedanken 

ein

enges Korsett

 

Zu eng 

geschnürte Gedanken –

mit welchem Herz

ihren Schmerz 

ertragen?

 

So einfach

lassen wir uns 

abschnüren 

von der Wirklichkeit 

 

ja so einfach 

die ungeschnürte Zukunft 

in Gedanken 

schon fest 

verschnürt 

 

all die zerschnürten 

Herzen –

unverträgliche Gedanken 

hat man ihnen 

aufgeschnürt: 

angeschnürte Gedanken 

 

mit welchem Herzen 

jetzt 

die Zukunft 

entschnüren 

 

in Gedankenenge 

kann niemand atmen 

 

zu eng 

umschnürte Gedanken – 

Einschnürungen im Herzen 

aus engen Gedanken 

oder

abgeschnürte Gedanken 

eingeschnürt 

in engen Herzen 

 

unerträglich 

 

eingeschnürte 

Schneewittchenwirklichkeiten 

unter Glas 

 

wirkungsgeleert 

die Herzen 

 

ausgetrunken 

die Herzkranzgefäße, 

alle

 

geleert in einem Zug

 

bis 

kein wahrer

Gedanke mehr

in seiner

Wirkung

 

hinunter

zur

Erde

 

tropft.

 

*

*

*

*

*

Aus einer gemeinsamen kreativ-Session mit dem Maler Fabian Amend.

Ein Spiel mit dem Wort „schnüren“ und verschiedenen Präfixen. Ich finde Präfixe sind wie das Anschneiden beim Tischtennis – das Wort bekommt einen bestimmten neuen Spin oder Dreh…

vakuumierte Herzen

*

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Wir trinken

Aus keimfreien Gläsern

und keimfrei halten wir

unseren gläsernen Sarg,

der bereitsteht;

 

schneller schlagen

die vakuumierten Herzen,

durch die dunklen Straßen der Köpfe

zieht wieder ein Phantom

 

wir trinken aus keimfreien Gläsern

schluckweise

verdichtete Angst

 

schneller schlagen

die vakuumierten Herzen,

schneller für

das Heil

eines gläsernen Sargs

 

in den dunklen Straßen der Köpfe

sucht ein Phantom

nach der Abzweigung

 

wir trinken aus keimfreien Gläsern

wir trinken die Angst

ganz aus

 

schneller schlagen

die vakuumierten Herzen,

sie glauben an ein Leben

im gläsernen Sarg

 

in den dunklen Straßen der Köpfe

sucht ein Phantom die Abzweigung

in die Wirklichkeit

 

wir trinken aus keimfreien Gläsern

und keimfrei halten wir

unseren gläsernen Sarg, der bereitsteht;

 

schneller schlagen

die vakuumierten Herzen,

sie tauschen ihr Leben

gegen den gläsernen Sarg

*

*

*

*

*

…entstanden in einer kreativ-Session mit dem Maler Fabian Amend. Das Thema der „vakuumierten Herzen“ hat für mich gerade Potential für eine ganze Serie.. 😊

Wozu eigentlich gemeinsame kreativ-Sessions? Was hättet ihr für Motive, gemeinsam mit anderen tätig zu sein?

 

Fuge der Verlorenen, in weiß

Die Wolken des Himmels

stockende Milch des Tages

über der Stadt

 

dem Tag stockt der Atem

in Wolken

 

aufgetrieben sind wir

mit ihnen

 

bis an

die Oberfläche

unserer Sätze

 

nichts verrät sie

die Oberfläche, sie

weist uns ab

 

Die Himmel der Tage

stockende Wolken in Milch

über der Stadt

 

auf der Oberfläche unserer Sätze

treiben wir dahin

auf großen Seerosenblättern

 

sie weist uns ab

die Oberfläche

weist uns zurück

 

auf uns selbst

 

Die Wolken des Tages

stockende Himmel in Milch

über der Stadt

 

den Wolken stockt der Tag

im Atem

 

und so bleiben wir

 

Verlorene

 

auf der weiten Oberfläche

unserer Sätze

 

*

*

*

entstanden in einer gemeinsamen kreativ-Session mit dem Maler Fabian Amend.

Eine Stadtnacht (mit Make-up) Teil III

III

Wenn am
Isarufer
die Stadt

die blonde Perücke
wieder abnimmt und

gähnend
dem schmerzenden Morgen
die Stirn kühlt,

wenn der ertrunkene
Abend sanft
angespült

am Ufer
des Gestern liegt,

ist die Nacht
längst
abgeschminkt

ihre falschen Wimpern
kleben noch

auf den warmen Kissen
der Stadt

 

***

*
*
*
*

So. Teil III hiermit abgeschlossen. Wer sich traut es im ganzen zu lesen, findet hier: Teil I, Teil II – der Versuch über den Eindruck von einer Stadtnacht in München. Die Idee ist vom 13.03.20 und noch komplett virusfrei – diese Texte sind also ohne Ansteckungsgefahr…😜

Eine Stadtnacht (mit Make-up), Teil II

II
Während
am Isarufer die Stadt
lasziv

ihre Beine
übereinander schlägt und
aus Langeweile

die letzten rosa
Kaugummiwolkenblasen
platzen lässt

während
ein junger Abend
auf dem Brückengeländer
mit dem Freitod droht,

rauscht sie endlich heran:

unvergleichlich jung
und elegant rückenfrei

rauscht die Nacht
von Bar zu Bar –

die Mondsichel im Dekolleté,
nur mit ein paar knappen Stunden
bekleidet –

hinterlässt Sprüche
an den Toilettenspiegeln der Stadt,

unter ihren Absätzen
klebt der Asphalt

 

die Nacht trägt heute
falsche Wimpern

ihren Kuss drückt sie
zwischen die Beats der Stadt

unzählige brennende Lippen
löscht sie
im Rausch

und tief unter den Bässen,
weit unter den Sinnen
der Stadt

schlägt die Nacht
ihre Augen auf

beeindruckend ihr Aufschlag

beeindruckend
sternlos,

die Nacht

*
*
*
*

Die anderen beiden Teile lesen? Hier entlang: Teil I

Teil III

 

unwegsame Wege

Gehe mitten durch das Gestrüpp,

auch wenn es nicht gangbar scheint.

Wir sind nicht hier, um Erwartungen zu erfüllen.

Wir sind hier um Wege zu gehen, die noch nicht da sind.

Den richtigen Weg erkennst du daran,

dass dort kein Weg sein wird, wenn du ihn nicht gehst.

die drückende Last der Freiheit wird leicht,

sobald man sie schultert.

 

 

Freiheit

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Jetzt habe ich es verstanden.

 

Unser höchstes Gut ist die Freiheit.

 

Sie steht an erster Stelle – sie zu realisieren, gilt es.

Allein aus ihrem Vorhandensein, ergibt sich die Würde des Menschen.

Die Würde des Menschen bedeutet – unter keinen Umständen in seine Freiheit einzugreifen.

Die Würde des Menschen bedeutet – die Freiheit des anderen zu ermöglichen.

die Würde des Menschen bedeutet – die eigene Freiheit in die Hand zu nehmen, ohne dabei eines Anderen Freiheit zu verhindern.

jetzt endlich, verstehe ich die Reihenfolge..! Die Freiheit kann nur an erster Stelle stehen.

Sie muss im Geist gegeben sein.

Der Einzelne kann sie sich nur selbst geben.

Im Geist ist die Freiheit absolut.

In Gemeinschaft wird sie insofern beschränkt, dass jedem die gleiche Freiheit zusteht; sie gilt bis zur Freiheit des anderen.

Im Handeln fordert sie auf zur Brüderlichkeit.

 

Keine Erkenntnis hat mich je so tief berührt und erschüttert zugleich, wie diese.

Die Freiheit ersteht oder fällt mit uns..!

Mit dem Einzelnen. Heute. Jetzt. Immer! Aus ihr kann man man gleichsam alle Gesetze bilden, in sich selbst. Als eigenen Maßstab. Ohne sie, denke ich, verlören wir das Menschsein.

Angesichts der aktuellen Debatte um die Hartz 4 Sanktionen und dem ergangenen Gerichtsbeschluss dazu, kann man das so betrachten: das Gesellschaftsorgan, das dafür eingesetzt ist, die Würde des einzelnen zu wahren, hat beschlossen – von Viel möglichem Übergriff auf weniger Übergriff zu reduzieren. Die Rechnung ist einfach. Übergriff bleibt immer Übergriff.

Wenn wir uns selbst zur Freiheit entscheiden, ist dort ein Übergriff auf eines Anderen Freiheit keine Option.

*Das Wort „frei“ kommt aus einem indogermanischen Wortstamm, der so etwas wie „nahe bei“, „das, was bei mir ist“, bedeutet hat.  Im althochdeutschen gab es das Wort frî-halsa – das war jemand, dem sein Hals selbst gehörte – der ihn nicht unter das Joch eines anderen beugen musste.

Frei ist wohl auch heute immer noch, wer sich selbst gehört und wer nahe bei sich sein kann.

Nahe bei sich sein, das ist das Schönste, was uns gegeben ist.

 

(*Quelle: Grimmsches Wörterbuch und Wikipedia)