Liebe Leute,
Vor vier Jahren habe ich ein kleines Experiment gestartet. Es heißt:
das Humorvakuum.
Worum es sich dabei handelt, steht in einem Text, der in einer kleinen Zeitschrift veröffentlicht wurde – ich weiß gerade nicht ob ich meine Rechte daran abgetreten habe… deshalb poste ich ihn vorsichtshalber nicht vorneweg, wer weiß.
Den Folge-Text mag ich zwar nicht besonders, aber bevor er für immer verstaubt, kommt er einfach auf diesen Blog. Also:
Die kleine Geschichte vom Reisigbesen – Oder die Problematik der Formgebung
Möglicherweise interessiert es den einen oder anderen tatsächlich, was bei meinem ersten Versuch mit dem Humorvakuum herausgekommen ist. Ja. Möglich wäre es immerhin. Gottseidank kann niemand sehen, wie verlegen ich hinter der Tastatur herumdruckse. Also, ganz ehrlich, das Ergebnis ist relativ gruselig.
Mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit, hat sich in die Unschuld MEINES Vakuums(!) irgendein besonders schadenfreudiges Wesen hineingeschlichen, das sich jetzt dezent in den Ärmel kichert. Ja, lach nur.
So, die Geschichte. Ich also furchtbar konzentriert auf das Vakuum, vergesse alles um mich herum und übersehe gänzlich, dass sich der Inhalt leider in die völlig verkehrte Form ergießt, nämlich in Gedichtform.
Aber damit nicht genug.
Als dann die erste Euphorie, überhaupt ein Ergebnis mit dem Vakuum erzielt zu haben, langsam verflogen ist, bemerke ich das ganze Ausmaß der Katastrophe: Das sogenannte Gedicht kommt in Reimform daher!
Irgendwie werde ich das mulmige Gefühl nicht los, vielleicht schafft ja doch ein Anderer meine Werke?
Zudem scheint dieser Jemand treffsicher zu wissen, womit er mich so richtig ärgern kann – nämlich mit Reimgedichten – die ich obendrein ziemlich glaubhaft selbst geschrieben habe. So etwas würde ich bei klarem Verstand nie tun! (Selbstverständlich schätze ich Reimgedichte von guten Dichtern, sehr sogar!) Alle anschließenden Notoperationen, um den Inhalt aus dieser Form herauszuskalpieren, scheitern partout.
Ein schrecklicher Gedanke befällt mich: Was wäre, wenn ich noch nie der Schöpfer meiner eigenen Texte gewesen wäre? Gruselig, nicht? Die Hoffnung, gleich aus einem Traum zu erwachen, erweist sich leider als unzutreffend. Dennoch drängt sich mir folgende Erkenntnis auf: Wir tun immer so, als wüssten Kunstschaffende immer haargenau was sie gerade gestalten. Ha! Von wegen! Gerade an dieser Stelle sollten wir durchaus etwas bescheidener sein. Die Wahrheit ist, Sie wissen bestenfalls hinterher, was sie getan haben!
Danach hatte ich das Gefühl, mit ziemlich heller Stimme rufen zu müssen – oh, Mama, Papa schaut, ich habe einen Reisigbesen gemalt! Ja stimmt. Sieht wirklich aus wie ein Reisigbesen.
So kann es nicht weiter gehen. Jedenfalls habe ich danach meine Sachen gepackt, um ganz offiziell in die Formfindung einzuziehen. Schließlich will ich eines Tages Herr sein, über meine eigenen Schöpfungen..
Hier das Ergebnis aus dem Versuch mit dem Humorvakuum.
Der Reisigbesen und die Norm
Es weste einst
ein kleines Wesen
ganz wesentlich
in einem Reisigbesen.
Es weste hie und weste dort
(wie schon erwähnt),
„höchst wesentlich“ in seiner Norm,
voll Hingabe an seine Tat
goß sich´s ganz aus in seiner Form.
Doch eines Tags, bei Sonnenschein,
traf dieses Wesen große Pein –
es wuchs heraus aus seiner Form –
trotz seinem besten Willen,
konnt es die Norm nicht mehr erfüllen.
Da wunderts sich von grün nach rot,
in seiner allergrößten Not
steigt es heraus um zu besehn,
was dies verursacht hat:
was muss es sehen, ach oh graus!
Aus seiner selbst erschaffnen Form,
blickt ganz ersichtlich voller Zorn,
sein eigen Unwesen heraus!
erschüttert ruft das Wesen:
In meiner Form, dem Besen,
treibst in meinem Rücken Du
mein eigenes Unwesen?!Hu!
Jetzt steig heraus, sonst ist es aus!
Das Unwesen nun voller Scham,
es blickt gepflegt zu Boden
mit leiser Stimme fragt es: Und –
wo soll ICH fortan wohnen?
Da wiegt das Wesen maßvoll seinen Kopf.
Voll Mitleid spricht es zu dem armen Tropf:
Wohn Du statt mir in meiner Norm,
ich such mir stets ´ne neue Form!
So ward der Reisigbesen
von seiner Norm genesen.
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