Moment im Sirup

Damals

War die Zeit
unser süßer Sirup
Über die dampfenden heißen Tage
rann sie
Und zerging

Rann die gestapelten Tage in Frankreich hinab,
die wir gierig verschlangen:
ganze runde Siruppfannkuchen

Zwischen den honigfarbenen Stunden
Platzte der Himmel auf und ergoss
Eine Herde Eisschäfchen
Über die Erde
Die Glyzinie regnete uns ins Gesicht
Zwischen den wehenden Gardinen
im großen Flügelfenster
In dem wir standen
Du und Ich

Mit deinen Augen versuchte ich
Landschaft zu atmen

über uns der Dachvorsprung,
er winkte hunderte Schwalben heran

Rinne nicht mehr, Zeit
rief ich,
Halt an, Sirup

Dann
War es dein Wimpernschlag –
Das Zeichen für die Schwalben, zum Flug –

er war es,
der ihn fortwischte,
den Moment

Variation II

Für Hannah, Ángel, Poeta, Diana

 

Wir treffen uns
mitten im blühenden Gestrüpp
der Sprache

Im Geäst hängt der zaghafte Gesang
gerade flügge gewordener Worte

Heimlich treffen wir uns
hinter den Zeilen

Wo soeben die Stille
ihre Augen aufschlug

In der Stille nur noch
unser atmendes Wort

leise beschlägt es
die fragile Haut
zwischen den Zeilen

Seine Spur, die wir auflesen –
herzwärts
führt sie uns

Unter der Worthaut, mein schlagendes Herz

Tief unter die Worthaut

musst du mir gegangen sein.

Es war vielleicht
der stumme Gesang,

der heute
unter deinen Wimpern träumt…

Zu dir hin taumele ich
durch das Dickicht der Sprache,

in den Zweigen deines Atems
verfängt sich mein Herz –

das Wort,
es schlägt mir bis zum Hals!

Mein Streifzug entlang
der zerbrechlichen Silben,

an deinen Lippen
mündet er

in plötzlichem Wortstillstand.

Silbenflimmern –
Operation am offenen Wort

In meinen zittrigen Händen
halte ich
das bloße, pulsierende Wort –
lebendig ist es und warm

herzwärts
geht
sein kraftvoller Schlag

Erste Variante aus einer Übung – Impromptus über das Herz und das Wort,
– mit Körperlichen Begriffen verarbeitet. Da ich kürzlich ein paar Worte fand, in die ich gerade sehr verliebt bin, werden sie bald mehrfach auftauchen…

Treibholz der Nacht

Weit hinaus
Lassen wir uns treiben

Auf das offene Meer
unserer Sehnsucht.

Sind wir nicht
Treibholz der Nacht?

Die Sehnsucht trägt nicht,
Windzerwühlte Wellen
beugt sie schweratmend über uns.

Nur deine Stimme
trägt
Ihr anschmiegsames Lächeln
Hält mich
Über Wasser

Einen Anker
muss sie geworfen haben,
Deine Stimme,
In mein windzerzaustes Herz.

Der Wind treibt uns
Vor sich her und die Wolken

Bis sich unser Leben
Niederschlagen wird –
Sanft und warm –
Aus den Wolken.

Sprich nicht

Die Stille
Hinter unserer Sprache
Ist noch warm

Dein Blick –

Der Tau auf meinem Herzen –
Ich trinke ihn aus

Dein Blick

Wie möchte ich
Ihm in die Arme laufen und

ertrinken, dort

Sprich nicht.

Fiele ein Wort nur
von deinen Lippen,
es trüge uns von uns fort

und deinem Blick
Den ich halte

und halte

Jetzt

Lasse ich los

Und falle

falle

Hinein

Melancholie

Niemals gieße ich dich.

Nicht mit Worten,
nicht mit Aufmerksamkeit.

Und doch
erblühst du mir
vielblättrig

unter den Schattenranken der Nacht.

Du, Melancholie,

bist wohl das einzige

Nachtschattengewächs

das heimlich
mein Gießverhalten überlebt

Pulsschlag

Ich lege meine Hände
Auf den Pulsschlag deines Lebens
Fiebrig ist er

Tagelang
hast du dir
die Augen ausgeweint
Und deine tropfnasse Seele
Zum trocknen
Über die Heizung gelegt

Bis an die Ohren
decke ich dich zu
Mit warmen Worten.

Leicht und fedrig Sind sie,
ich stecke sie um dich fest

Unter meinen Worten
Träumst du jetzt

Träume im Tee

Wie uns das Herz
nach Träumen dürstete, früher

So tranken wir
duftverströmende Träume
aus altmodischen Teetassen

Vielsagende Zeilen, die aufstiegen,
Schlürften wir gleich oben ab

Wissend traf sich unser Blick
über dem Teedampf –
Seine Wärme gebar uns
flüssige Sätze des Lebens

Wir fesselten sie ans Papier,
Die Sätze vom Boden der Tasse

Drängen sie sich noch
durch deine Gedanken?

Entfesselst du unsere Papierträume
mit Händen –

Oder ertränkst du sie heute
im Nichts?

Ertrinkender Träume
Schreie
In den teilnahmslosen Fluten
des Nichts

erträgt man heute sorglos

                                                                           

Ein Glas Lyrik und den Wein des Abends im Ohr…

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Liebe Freunde,

hier folgt der zweite und letzte Veranstaltungshinweis in diesem Jahr… mit dem Theater Südsehen veranstalten wir dieses Jahr zum ersten Mal eine Reihe von Lesungen im Valentinsgeburtshaus in der Zeppelinstraße 41 in München.

Die Idee war, unter anderem Blogger aus dem virtuellen Raum in den dreidimensionalen des Valentinshauses zum lesen einzuladen…

Am 09.12. gibt es poetische, humorvolle Kurzgeschichten, gelesen von Mitzi Irsaj.

Sobald ihr Mitzis Texte kennt, werdet ihr danach München lieben. Ihr werdet München so sehr lieben, dass ihr unbedingt gerade dann U-Bahn fahren wollt, wenn mal wieder alle Anzeigetafeln der MVG „Störung“ anzeigen. Grantige U-Bahnfahrer werden sich vor Heiratsanträgen kaum zu retten wissen. Die Tourismusbranche des münchener Viertels Giesing wird enorm aufblühen und Touristen werden sich dort zahlreich um die Bushaltestellen scharen und winterliche Sonnenaufgänge betrachten. Sie werden nachts Straßenbahn fahren, an wildfremde Fenster klopfen, Weingläser schnorren um dann dem Atem der Stadt zu lauschen und am nächsten morgen dann vielleicht Frau Obst kennenlernen wollen oder Herrn Meier mit den Walnüssen… oder noch besser Paul – den Paul mit dem Rhett-Butler-Lächeln.           Die Bewohner einer gewissen Hausgemeinschaft sähen sich mit seltsamen Anfragen konfrontiert – ob man denn ihren Balkon vielleicht stundenweise mieten könne? Diese Touristen! Kopfschüttelnd, in stiller Übereinkunft wird man sich an die Stirn tippen, über die Zuagroasten und dann zur Tagesordnung übergehen.                                    Kommt vorbei am 09.12. – wenn ihr nicht könnt, lest unbedingt ihre Kurzgeschichten.

Am 17.12.  dann, ein richtiger Lyrik-Abend. mit Hannah Buchholz und mir.

In das Unaussprechliche zwischen den Zeilen bis auf den Wortgrund hinabtauchen – dort werdet ihr die Worte von Hannah in großer Klarheit leuchten sehen. Ihr werdet den Klang der Bläue tintengereifter Lyrik aus bauchigen Weingläsern trinken können und euch die Essenz der Worte ins Ohr perlen lassen. Hannah ist eine Vollblut-Lyrikerin, davon könnt ihr euch gern auf ihrer Seite überzeugen – ihre Gedichte gibt es auch schon vielfach auf Papier gedruckt. In Eigenwerbung  bin ich dann doch eher schlecht – auf meiner Seite seid ihr schon, da dürft ihr euch umschauen für ein eigenes Bild; hier Unveröffentlichtes wird es auch zu hören geben.

der Eintritt ist frei!!!

(so das wars jetzt mit Veranstaltungen. In Zukunft veröffentliche ich hier wieder Lyrik, versprochen!)

 

Liebste Grüße,

Simone